"Ich habe schon gut gelernt, auf Deutsch zu lachen"

26.09.2016
Internationales Frauenfrühstück. Integriert in Mannheim? - Ein Erfahrungsaustausch

Internationaler Frauentreff/Bewohnerverein Jungbusch

Website

von Hannah Bock, 27 Jahre · 18.10.2016

Einmal monatlich findet das Internationale Frauenfrühstück des Bürgervereins Jungbusch statt. Verantwortliche sind die Gemeinwesenarbeiterin Anne Kreß und die Migrationsbeirätin Fouzia Hammoud. Sie engagieren sich sehr für einen regen Zulauf. Viele Frauen kommen aber ohnehin schon jahrelang von selbst, um Kontakte zu knüpfen und zu pflegen, um sich über ihr Leben, die Freuden und Probleme auszutauschen. Heute gibt es anlässlich der Bündnisaktionstage ein Diskussionsthema: Integration. Was hat den Frauen geholfen, als sie hier ankamen? Und welche Probleme stellen sich ihnen in den Weg?

Wir sind über 20 Frauen. Viele verschiedene Altersgruppen, Berufe und Nationen sind vertreten: Algerien, Indien, Deutschland, Marokko, Ägypten, Bulgarien, Libanon, Türkei, Syrien, Palästina, Irak, Serbien, Tunesien und Pakistan. Manche Frauen sind schon sehr lange oder sogar seit ihrer Geburt in Deutschland, andere erst relativ kurz. Die meisten sind Frauen mit sogenanntem "Migrationshintergrund". Es wird viel über sie geredet, wobei die wenigsten Leute sich tatsächlich mit ihnen auseinander setzen.

Ich komme mit meiner Tischnachbarin ins Gespräch. Sie kommt aus dem Libanon, aber lebt schon seit 30 Jahren in Deutschland. Wir reden darüber, wie es für sie ist, zwei Heimaten zu haben. "Wenn ich im Libanon zu Besuch bin, bin ich immer glücklich.", sagt sie. Dort wieder zu leben, kann sie sich dennoch nicht mehr vorstellen. Sie fühle sich dort auf Dauer nicht sicher und habe Angst, dass überraschend der Krieg wieder ausbrechen könnte. Außerdem gibt es viele Dinge, die sie an Deutschland sehr schätzt.

Nach einer Vorstellungsrunde beginnen wir mit der Diskussion. An der regen Beteiligung merkt man, dass Integration ein Thema ist, das die Frauen beschäftigt und zu dem sie viel zu sagen haben. Gemeinsam haben alle, dass es menschliche Kontakte waren, die ihnen den Einstieg erleichtert haben. Für die einen waren es die Eltern oder die Familie, für manche schnell gewonnene Freunde und wieder für andere Lehrer, die gut auf ihre spezielle Situation eingegangen sind.

Wir stellen uns viele Fragen: Was bedeutet eigentlich Integration und wann ist man integriert? Gibt es Menschen, die partout nicht integriert sein wollen, oder ist das nur ein Vorwand, weil ihnen Mut fehlt? Kann es funktionieren, dass jede*r so akzeptiert wird wie sie/er ist? Was muss sich in der deutschen Gesellschaft dafür noch verändern? Natürlich finden wir nicht auf alles zufriedenstellende Antworten. Eine wichtige Rolle spielt das Selbstbewusstsein, die innere Stärke. "Aber woher soll man das bekommen?", fragt eine der Frauen und viele nicken zustimmend. Es ist alles andere als einfach, sich seine innere Stärke zu bewahren, wenn man in seinem Umfeld häufig auf Ablehnung stößt. Man muss akzeptiert werden, um Selbstbewusstsein zu erlangen, und man muss selbstbewusst sein, um akzeptiert zu werden. Vielen Frauen hier ist es aber trotzdem gelungen: Sie fühlen sich wohl und integriert. Was auch immer Integration nun genau heißen mag. Vielleicht auch für jeden etwas anderes.

Worüber wir auch reden, wir landen immer wieder bei dem Ergebnis: Entscheidend sind die Begegnungen, von Mensch zu Mensch. Sie sind der einzige Weg, Vorurteile und Ängste abzubauen, Akzeptanz, aber auch Anerkennung und Wertschätzung hervorzubringen. Im persönlichen Austausch liegt schließlich der Anfang für alles Weitere. Das Schöne an diesem Ergebnis ist, dass wir zu seiner Umsetzung keine großen politischen Veränderungen brauchen, sondern es selbst in der Hand haben. Begegnen kann man sich so einfach, zum Beispiel hier.  

Apropos, das internationale Frauenfrühstück würde sich sehr über eine größere Beteiligung deutscher Frauen freuen. Ich habe jedenfalls große Lust wiederzukommen und gehe mit dem guten Gefühl nach Hause, das herzliche und beeindruckende Begegnungen in einem hinterlassen. Das selbstgemachte Essen war übrigens auch total lecker.

Zum Abschluss sollte jede ein Wort nennen, das sie stark mit Integration verbindet. Hier unsere Liste: Sprache, Akzeptanz, Anerkennung, Vertrauen, Wohlfühlen, Herzlichkeit, Freiheit, Liebe, Ehrlichkeit, Rechte, eine Wohnung als Zuhause, offenes Herz, kollektives Bewusstsein, Interesse, Chancen, finanzielle Unabhängigkeit, Unvoreingenommenheit, Sicherheit, Gesehen Werden, Mut und lächelnde, freundliche Gesichter.

 

Zurück