White Charity – Was Spendenplakate uns vermitteln
13.10.2016
White Charity. Eine Reflexion über Rassismus in Bildern
Eine Welt Forum Mannheim e.V.
Text und Fotos von Hannah Bock, 27 Jahre; Videoschnitt von Dennis Martin, 26 Jahre · 26.11.2016
"In Afrika kommen die Kinder nie zu spät zur Schule. Sondern überhaupt nicht."
"1 + 7 = 4. Damit Kinder nicht das Falsche lernen. Schulen für Afrika."
"Die Welt braucht gute Nachrichten. Sorgen Sie für eine. Werden Sie Pate!"
"Wir schließen Bildungslücken. Ohne Bildung hat Afrika keine Zukunft."
Wir alle kennen derartige Aufrufe. Mir persönlich begegnen sie meist auf großen Plakaten am Bahnsteig. Erster Eindruck: Wichtige Angelegenheit, gute Absicht. Und dem ist ja auch so. Kinder in Afrika finanziell zu unterstützen, damit sie in die Schule gehen können, ist schließlich eine gute Sache. Aber was vermitteln uns diese Plakate darüber hinaus?
Kinder vor Lehmhütten, irgendwo im Busch, meist ohne Kleidung, ohne Eltern, da diese an Aids gestorben sind. Afrika, ein großer krisengeschüttelter Kontinent, der dringend unsere Hilfe braucht. Sonst lernen die Kinder am Ende noch, dass 1 plus 7 4 wäre, wenn wir ihnen nicht beibringen, dass es 8 ergibt.
Was diese Plakate nicht zeigen: Die großen Metropolen afrikanischer Staaten, Hochhäuser, breite Straßen voller Autos, Universitäten voller Studenten, die im Starbucks einen Kaffee trinken, …
Sicher gibt es viele arme Menschen in Afrika und ist es sinnvoll, Projekte zu unterstützen, die versuchen, die Lebenssituation dieser Menschen zu verbessern. Nur besteht Afrika aus vielen verschiedenen Ländern, die in sich wiederum sehr vielfältig sind. Diese Plakate vermitteln uns jedoch ein sehr einheitliches Bild des Kontinents und verfestigen damit bestehende Weltbilder und Stereotype von schwarz und weiß, die im Kolonialismus wurzeln und deren Überreste heute noch stark unser Denken prägen: Ungebildete, rückständige, hilflose Afrikaner. Unmündig und nicht in der Lage, ihre Zukunft selbst zu gestalten. Gebildete, zivilisierte Europäer mit der Kapazität zu helfen und der Bereitschaft, Verantwortung für den Rest der Welt zu übernehmen.
Der Dokumentarfilm White Charity behandelt eben diese Konstruktion von Schwarz- und Weiß-Sein auf Spendenplakaten. Er geht ebenso auf aktuelle Beispiele von Spendenaufrufen ein, die versuchen, diese Stereotypisierung zu vermeiden. Das wiederum wirft die Frage auf, ob diese neue Strategie ebenso viele Gelder einbringt wie die alte oder ob wir nicht genau auf die auf Stereotype zurückgreifende Art des Appells ansprechen.
Mit dieser Filmvorführung und der anschließenden Diskussion leistete das Eine-Welt-Forum in Kooperation mit dem schwarzweiss e.V. einen sehr bereichernden Beitrag zu den Bündnisaktionstagen. Denn die Voraussetzung, um ein Zusammenleben in Vielfalt denken und gestalten zu können, ist, dass wir uns dieser Denkmuster bewusst werden, sie uns eingestehen und aufbrechen. Das ist nicht einfach, aber nur so können wir den "Anderen" mit seiner persönlichen Geschichte und seinen individuellen Eigenschaften wahrnehmen und uns auf Augenhöhe begegnen.
Zuschauermeinungen:
Maike: "Es war wirklich sehr interessant. Ich hatte schon immer ein seltsames Gefühl beim Betrachten dieser Plakate und ich wusste nicht genau warum. Jetzt ist es mir bewusst."
Toni: "Ich habe mich selbst schon viel mit der Thematik befasst, aber auch ich lerne immer wieder Neues dazu, wenn es um die Frage geht, wie ich in meiner Rolle als "Schwarzer" von außen fremddefiniert werde."
Mehr Informationen unter: http://www.schwarzweiss-hd.de/